Die Klärungshilfe: Ein Ort, an dem Klartext geredet werden kann – ohne dass neue Verletzungen entstehen

Christian Prior

Christian Prior ist Klärungshelfer und Ausbilder für Klärungshilfe. Seit 1996 begleitet er als Konfliktexperte Menschen durch ihr Berufsleben. Zusammen mit Christoph Thomann hat er das Buch „Klärungshilfe 3 – Das Praxisbuch“ veröffentlicht. In diesem Beitrag haben wir ihn gefragt: „Wie bist du eigentlich zur Klärungshilfe gekommen?“

Wie kam Christian Prior zur Klärungshilfe und was fasziniert ihn an diesem Ansatz der Mediation, dass er hauptsächlich damit arbeitet? Hier lesen Sie seine Antworten:

Christian Prior: „Zum ersten Mal kam ich 1999 mit der Klärungshilfe in Berührung. Damals erhielt ich eine Anfrage aus der Raumfahrtindustrie. Das Unternehmen wollte ein Seminar für seine Direktoren anbieten mit dem Ziel, dass diese ihre Besprechungen besser organisieren. Das Buch „Klärungshilfe 2. Konflikte im Beruf: Methoden und Modelle klärender Gespräche“ von Christoph Thomas (Affiliate-Link zu Amazon) war eben erst erschienen. Ich hatte es schon gelesen und war fasziniert, wie die die Konfliktparteien in einen direkten, echten, wahrhaften Streitdialog geführt werden. Damit sie das, was immer wieder zwischen den Zeilen und hintenherum ausgetragen wurde, auf eine gute Weise besprechen können.“

Vorneherum statt hintenherum: Die Klärungshilfe schafft Klarheit im Konflikt.

„Mich hat die unerschrockene und gleichzeitig sehr achtsame Art sehr gefallen, wie die Klärungshilfe es den Menschen ermöglicht, das zu sagen, was sie sagen wollten, ohne Schnörkel, ohne dass sie „Ich-Botschaften“ nutzen müssen und ohne dass sie sich auf ihre Wünsche und Bedürfnisse konzentrieren müssen. Damit fing alles an. Zu dem Zeitpunkt konnte ich noch keine Klärungshilfe anbieten und empfahl den Direktoren den Autor von Klärungshilfe 2, Christoph Thomann als Klärungshelfer. Doch sie wollten keine Klärungshilfe. Deswegen habe ich mit einem Kollegen eine systemische Konfliktintervention gemacht und Einzelgespräche mit den Konfliktparteien geführt.“

Die Klärungshilfe ermöglicht es den Menschen, das zu sagen, was sie sagen wollen – ohne Schnörkel, frei heraus.

„Dabei habe ich viel darüber gelernt, wann diese Vorgehensweise nichts groß bringt und den Konflikt nur verschleppt. Doch die Angst vor dem Konflikt, die Angst vor dem direkten, echten Gespräch, die Angst vor Aussagen wie „Ich halte dich für unqualifiziert“, „Mich ärgert an dir, dass du …“ hatte auch die Direktoren gepackt. Deshalb lief das damals anders. Aber in diesem Zusammenhang hatte ich Christoph Thomann kontaktiert und wir haben uns persönlich kennengelernt. Aus dem Kennenlernen und der gegenseitigen Sympathie ist eine individuelle Weiterbildung entstanden. Denn es gab damals – nach einem ersten Durchgang in den Achtzigerjahren in Hamburg – noch keine Ausbildung in Klärungshilfe, wie es sie heute gibt. Also habe ich mich bei ihm weitergebildet und wir haben zusammen die Methode erforscht.“

Nicht um den heißen Brei herum: Die Klärungshilfe bringt die Konfliktpunkte unerschrocken auf den Tisch.

„Bis heute fasziniert mich an der Klärungshilfe, dass ein direktes, ehrliches, dabei sehr achtsames, gar vorsichtiges und doch unerschrockenes Gespräch über das Eigentliche mögliche wird. Die Menschen dürfen über das reden, über das sie reden wollen und das sind in der Regel „Du-Botschaften“, wie „Du hast mir weh getan!“, „Du hast mich im Stich gelassen!“, „Du verhältst dich nicht kongruent, ich glaub dir kein Wort!“, … Ein solch klärender Dialog ist ein grundlegendes Bedürfnis im Menschen, in Konfliktsystemen, in der Gesellschaft. Es braucht meines Erachtens dafür einen Ort, an dem Klartext geredet werden kann, ohne dass neue Verletzungen entstehen. Das bietet Klärungshilfe mehr als andere mediative Verfahren, die den direkten Streitdialog abfedern oder umleiten oder gar nicht machen, weil sie gleich auf der Bedürfnisebene ein Verstehen ermöglichen wollen, ohne dass Enttäuschungen und Kränkungen vorher besprochen werden.“ – Ende des Interviews mit Christian Prior

Mediation und Klärungshilfe ergänzen sich gut.

Wir von Zweisicht nutzen die Synergien von Klärungshilfe und Mediation. Unser Mediationsverständnis und die Methoden der Konfliktklärung, die wir in der Ausbildung Wirtschaftsmediation vermitteln, setzen genau wie die Klärungshilfe darauf, dass die Konfliktparteien in einem geschützten Rahmen über alles sprechen können – auch und gerade über die emotionalen Verletzungen, die passiert sind. An dieser Stelle sind bestimmte Techniken aus dem Bereich der Klärungshilfe, wie z. B. das Doppeln sehr hilfreich. Zusätzlich nutzen wir noch weitere Ansätze wie die Gewaltfreie Kommunikation oder transformative Mediation um „Schweres“ besprechbar zu machen. Wir bieten an der Zweisicht.Akademie seit vielen Jahren das Seminar „Klärungshilfe“ mit Christian Prior. Es eignet sich besonders, um den Umgang mit schweren Gefühlen, wie Angst, Wut, Frustration und emotionalen Reaktionen der Konfliktparteien zu üben.

Lernen Sie die Klärungshilfe kennen: Seminar mit Christian Prior an der Zweisicht.Akademie in Freiburg

Seit mehr als zehn Jahren bieten wir an der Zweisicht.Akademie das Seminar Das Konzept der Klärungshilfe für Mediator*innen. Christian Prior vermittelt Ihnen an zwei Tagen, wie Sie den Ansatz der Klärungshilfe in die Mediation integrieren. Termine und die Anmeldung finden Sie in unserem Seminarkalender.

Buchtipp:

Christoph Thomann, Christian Prior. Klärungshilfe 3 – Das Praxisbuch

Rowohlt Taschenbuch; 8. Edition (2. April 2007)

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