Jasmin Keller ist Inhaberin der Bürstenfabrik Keller in Todtnau. Sie hat bereits 2009 ihre Ausbildung in Wirtschaftsmediation an der Zweisicht.Akademie gemacht. Mittlerweile haben auch einige ihrer Mitarbeitenden die Ausbildung bei uns absolviert. Mit Johannes und Philip Keller, ihren Söhnen, engagiert sich bereits die nächste Generation im Unternehmen. Wir haben für diesen Beitrag mit Jasmin und Johannes über ihre Werte und ihre Vision gesprochen und wo sie den Nutzen der Mediation im eigenen Unternehmen sehen.
Jasmin, Du bist geschäftsführende Inhaberin der Bürstenfabrik Keller, warum hast du vor 13 Jahren an der Mediationsausbildung teilgenommen?
Jasmin: „Damals war ich unter anderem alleine für unser Personal zuständig, da wir „nur“ 35 Mitarbeitende hatten. In 2011 hatten wir bereits 70 Mitarbeitende und ich merkte, dass ich mit der Rolle als Problemlöser völlig überfordert fühlte. Ich habe mit den Mitarbeitenden schon immer viel gesprochen ohne zu wissen was „Aktives Zuhören“ bedeutet, dass ich ständig Probleme unseres Personals lösen sollte, das fühlte sich jedoch irgendwann als Last an. (Ich nannte das scherzhaft, das Mutter-Theresa-Syndrom). Als ich das merkte, wusste ich, dass ich etwas ändern muss bzw. dass ich Werkzeuge brauchte, um Personalarbeit wieder mit Freude durchführen zu können und dies nicht als Last empfinde. Ich habe mich auf die Suche nach Fortbildungen für Gesprächsführung gemacht und bin dann irgendwann auf die Mediation und Zweisicht gestossen – ein absoluter Glückfall für mich!“
Wie nutzt du die Inhalte der Ausbildung? Wie hat sie deinen Umgang mit Mitarbeitenden beeinflusst?
Jasmin: „Nach der Ausbildung war ich so beflügelt, dass ich dachte ich kann die Welt verändern – also fing ich voller Elan in meinen eigenen kleine Mikrokosmos Bürstenfabrik Keller und im eigenen privaten Umfeld an, das gelernte anzuwenden. Ich hatte meine innere Haltung verändert. Aktives Zuhören fiel mir leicht, jedoch kam ich durch das Gelernte schneller in die Tiefe, auch mein Rollenverständnis hat sich durch die Ausbildung verändert. Ich bin nicht der Problemlöser! Ich kann immer nur Möglichkeiten bieten, alles andere entscheidet mein Gegenüber. Durch die Ausbildung habe ich eine neue Leichtigkeit in der Personalarbeit (aber nicht nur dort) geschaffen.“
Johannes, mit dir und deinem Bruder Philip engagiert sich bereits die nächste Generation im Unternehmen. Welche Werte sind dir wichtig? Wie wirkt sich das auf die Mitarbeitendenführung in der Bürstenfabrik Keller aus?
Johannes: „Für mich sind Werte wie Leidenschaft, Respekt, Verantwortung und Offenheit sehr wichtig. Gleichzeitig aber auch die Tradition. Das sind natürlich auch Werte die uns von unseren Eltern vorgelebt wurden und die man sich selbst einverleibt hat. Das soll nicht bedeuten, dass wir diese Werte übergestülpt bekommen haben. Ich denke, dass Philip und ich diese Werte teilweise auch ein wenig anders interpretieren oder auslegen. Es ist nicht einfach zu sagen, wie genau sich die Mitarbeiterführung verändert hat. Es gab und gibt keinen harten Cut, sondern ist ein fließender Übergang. In einem Punkt äußert es sich dann aber doch etwas deutlicher. Philip und ich gehen meist immer sehr offen an neue Ideen heran und wollen diese Offenheit von unseren Mitarbeitenden. Da merken wir, dass wir manchmal mit der Schlagzahl der neuen Ideen flexibel sein müssen. Zusätzlich wollen wir, dass unsere Mitarbeitenden mehr Verantwortung für ihren Arbeitsbereich übernehmen. Es soll nicht alles an uns beiden (vier) hängen. Wir möchten das Unternehmen personenunabhängig aufstellen. Da sind wir auch noch mitten im Prozess. Vielen war die Tragweite des Begriffs oder des Wertes „Verantwortung“ noch nicht bewusst.“
Bei der Bürstenfabrik Keller arbeiten heute ca. 125 Mitarbeitende. Einige davon sind ebenfalls von uns ausgebildet worden. Dabei waren Mitarbeitende aus Personal, Produktion und Führung. Für ein mittelständisches Unternehmen ist das außergewöhnlich. Was ist Vision oder Strategie (Eure Motivation) dafür?
Jasmin & Johannes: „Dass wir immer wieder Mitarbeitenden aus allen Ebenen und Abteilungen zur Ausbildung Wirtschaftsmediation zu Zweisicht schicken hat für uns in zwei Richtungen Auswirkungen:
Im Arbeitskontext – Wer weiß, wie man selbst tickt und welche sogenannten „red buttons“ man selbst hat, der kann souveräner auf Reize von außen reagieren, schneller erkennen, wenn Kollegen*innen Probleme oder Konflikte haben, Feedback – auch kritisches – wertschätzend mitteilen und „Aktives Zuhören“ als wertschätzendes Instrument in der täglichen Kommunikation mit Kollegen*innen nutzen.
Im gesellschaftlichen Kontext – Anstatt verbal oder sogar tätlich auf Provokationen im Verein oder in der Familie zu reagieren, kann man durch das erlernte Wissen, Streitigkeiten auf eine sachlichere Ebene heben, so dass man souveräner mit kritischen Situationen umgehen kann.
Gleichzeitig hilft es auch in unserem Vorhaben, das Unternehmen personenunabhängig aufzustellen. Es hängt somit nicht an wenigen einzelnen Personen und gleichzeitig übernehmen Mitarbeitende für ihren Bereich mehr Verantwortung. Damit können sie auch an ihren Aufgaben wachsen und es findet im Optimalfall eine Persönlickeitsentwicklung statt.“
Wie beschreibt ihr euren Return on Invest? Wie macht sich das in Eurem Betrieb bemerkbar, wenn ca. 5% der Mitarbeitenden ausgebildete Mediator*innen sind? Wie verändert sich das Miteinander und die Wertschöpfung?
Jasmin & Johannes: „Der Return on Invest ist für uns immer, dass Mitarbeitende erkennen, dass es sich lohnt, sich mit Konflikten und Kommunikation zu beschäftigen. Das ist die Basis für ein gelingendes Miteinander – egal ob in der Arbeitswelt oder im privaten, gesellschaftlichen Umfeld.“
Vielen Dank, liebe Jasmin und lieber Johannes, für eure Antworten und Einblicke in eure Unternehmensphilosophie. Wir wünschen euch weiterhin viel Erfolg!