Mediation als internes Angebot der Personalentwicklung – Interview mit Maylien Henze

Wie man Mediation als internes Angebot der Personalabteilung einsetzen kann und welche Hürden es für interne Mediatorinnen und Mediatoren dabei zu überwinden gilt, das berichtet Maylien Henze, Jahrgang 1990 und Teilnehmerin unserer 24. Ausbildung in Wirtschaftsmediation 2017/2018. Sie ist Leiterin der Personalentwicklung bei der Süwag Energie AG, einem regionalen Energieversorger im süddeutschen Raum mit aktuell rund 1.950 Mitarbeitenden (Stand 04/2023).

1. Was hat Dich dazu bewogen, die Ausbildung in Wirtschaftsmediation zu machen?

Meine damalige Chefin hat an mir meine verbindende Art geschätzt und mir als besondere Stärke meine Emphathiefähigkeit gespiegelt. Da ich mich gerne persönlich und mit einer konkreten Qualifikation, die zu meinen Stärken passt, weiterentwickeln wollte, habe ich mich schnell in die Ausbildung in Wirtschaftsmediation verguckt.

2. Deine Ausbildung in Wirtschaftsmediation ist nun 5 Jahre her. Was ist Dir besonders in Erinnerung geblieben?

Der Gruppenzusammenhalt und das ehrliche Interesse an den Mitmenschen in der Ausbildung. Wir haben teilweise auch selbst eingebrachte Fälle mediiert. Es war ein schönes Gefühl, in einer sehr offenen und ehrlichen Atmosphäre mit- und voneinander zu lernen.

3. Hast Du Dich im Bereich Wirtschaftsmediation danach weiter spezialisiert?

Ich habe mich zertifizieren lassen und versuche mein Wissen natürlich fortgehend durch Lerninhalte aufzufrischen und aktuell zu halten. Einige der anderen Teilnehmenden in der Ausbildung haben sich auf Online-Mediation spezialisiert, das habe ich nicht vor, auch wenn ich im letzten Jahr tatsächlich eine positive Erfahrung mit einer hybriden Teamkonfliktklärung gemacht habe.  

4. Wie nutzt Du die Mediation heute? (beruflich, privat)

Ich nutze die Mediation intern im Unternehmen aus meiner Funktion als Leiterin der Personalentwicklung heraus. Seit der Ausbildung verging tatsächlich kein Jahr, in dem ich beruflich nicht mindestens zwei Mediationen durchgeführt habe. Privat habe ich noch nicht mediiert. Das Wissen um die Entstehung von Konflikten und deren Lösung und dass Gefühle dabei eine wichtige Rolle spielen, ist aber in vielen Situationen sehr hilfreich. Aktuell werde ich von meinem bald zweijährigen Sohn auf die Probe gestellt, der gerade erste Trotzanfälle durchlebt, bei der ich liebevoll versuche, empathisch zu kommunizieren.

5. Was war bislang Dein größter Erfolg im Bereich Mediation?

Eine Mediation mit drei Führungskräften aus dem technischen Bereich, bei denen es immer wieder an den Schnittstellen geknirscht hat. Dass ich es geschafft habe, diese erfahrenden Führungskräfte, bei denen der Konflikt schon länger schwelte und teilweise auch persönlich wurde, von der Sachebene auf die Gefühlsebene zu bringen, hat mich selbst überrascht und stolz gemacht.

6. Welche Hürden siehst Du beim Einsatz der Mediation als internes Angebot der Personalabteilung?

Da ich als Mediatorin im Unternehmen sogenannte interne Mediationen durchführe, kann es eine Hürde für Mitarbeitenden und Kolleg*innen sein, mich anzusprechen. Vor allem wenn sie wissen, dass ich die andere Konfliktpartei (gut) kenne. Ich würde jedoch nie Fälle mediieren, bei denen ich involviert bin und nur das „Kennen von Personen“ beeinflusst die Neutralität und Allparteilichkeit (wichtige Voraussetzungen für die Arbeit als Mediator*in) in keinerlei Hinsicht. Hat jemand trotzdem Bedenken und fühlt sich damit nicht wohl, empfehle ich auch externe Mediator*innen.  
Eine weitere Hürde für interne Mediator*innen sehe ich bei einer Unternehmenskultur, bei der Konflikte verschwiegen werden oder es gar als Schwäche angesehen wird, wenn sich eine Führungskraft Hilfe in Konfliktsituationen holt. Dies ist in unserer Unternehmenskultur bei Süwag glücklicherweise nicht der Fall. 

7. Welchen Tipp hast Du für (frisch gebackene) Mediator*innen?

In den Auftragsklärungen genau nachspüren, ob es sich um einen Konflikt handelt, der einer Mediation bedarf oder sich die Themen auch in einem moderierten Teamworkshop klären lassen. Ich habe mich zu Anfang nicht immer getraut, eine Mediation anzusetzen, besonders wenn mein Gegenüber die Situation zwar als festgefahren, nicht aber als Konflikt bezeichnen wollte. Inzwischen habe ich gelernt, Konflikte klar zu benennen und dieses wunderbare Instrument zur Konfliktlösung selbstbewusst zu empfehlen und anzuwenden.  

8. Hast Du ein persönliches Motto oder Lieblingszitat zum Thema Konflikt, das Dich begleitet?

Ich nutze gerne das Sprichwort „Wo gehobelt wird, da fallen Späne“ – im positiven Sinne verstanden, also: „Wo gearbeitet wird, entstehen auch Konflikte“ oder „Wo gearbeitet wird, passieren Fehler“. Mit dieser Denke möchte ich zu einer positiven Konflikt- und Fehlerkultur beitragen. Denn wenn Konflikte und Fehler als Erfahrungen verstanden werden, die Teil von Lern- und Entwicklungsprozessen sind, trägt dies zu einer Vertrauenskultur bei, in der Mitarbeitende hierarchie- und funktionsübergreifend offen miteinander kommunizieren können, was unabdingbar für die Bereitschaft zur Konfliktklärung ist. Oftmals sind geklärte Konflikte sehr verbindend und die gesammelten Erfahrungen durch die Klärung tragen nicht nur zur persönlichen Entwicklung bei, sondern können auch im Team wieder neue motivierende Dynamiken entstehen lassen. 

Vielen Dank, liebe Maylien, für deine inspirierenden Antworten!  
Wir wünschen Dir weiterhin viel Erfolg für Deine Arbeit als interne Mediatorin bei der SÜWAG. 

Facebook
Twitter
LinkedIn
XING
WhatsApp
Email
Print

Mit unserem Newsletter halten wir Sie auf dem Laufenden.

Nach oben scrollen