Aufbau und Koordination eines internen Konfliktmanagementsystems

Klaus Konrad Schneider, Jahrgang 1969, war Personalreferent für die Vinzenz von Paul Kliniken gGmbH, bevor er 2019 beauftragt wurde, den Aufbau eines Konfliktmanagementsystems im Marienhospital Stuttgart, zu koordinieren. Im Interview erfahren Sie, warum er parallel die Ausbildung in Wirtschaftsmediation bei uns absolviert hat und was ihm geholfen hat, das Projekt zum Erfolg zu führen.

Was hat Dich dazu bewogen, die Ausbildung in Wirtschaftsmediation zu machen?

Als ich beauftragt wurde, den Aufbau eines innerbetrieblichen Konfliktmanagementsystems zu koordinieren, sah ich die Chance, neue Erfahrung zu sammeln und mich persönlich und beruflich weiterzuentwickeln. Das hat mich motiviert.

Für meine neue Rolle und die damit verbundenen Herausforderungen war es zunächst wichtig, selbst Konfliktklärungskompetenz zu erlangen, um kompetent und verantwortungsvoll handeln zu können. Ich war zwar als Coach ausgebildet und brachte langjährige Coachingerfahrung mit, doch fehlte mir die notwendige Expertise im Bereich Mediation und Konfliktmanagement. So wurde ich mit der Beauftragung parallel für die Ausbildung in Wirtschaftsmediation angemeldet.

Deine Ausbildung ist nun vier Jahre her. Was ist Dir besonders in Erinnerung geblieben?

In meiner Arbeit als Mediator prägt mich bis heute die Qualität der Ausbildung, ihre Struktur und Organisation und nicht zuletzt die Art und Weise der Wissensvermittlung.

Meine Chefin empfahl mir die Ausbildung als eine der besten in unserem Lande. Dadurch hatte ich schon eine gewisse Erwartungshaltung. Im Nachhinein kann ich sagen, dass ich noch in keiner Ausbildung so viele Kenntnisse erworben habe, die ich unmittelbar in den beruflichen Alltag übernehmen konnte.

Konflikte waren für mich davor meist negativ behaftet. In der Ausbildung habe ich ihren Wert für Weiterentwicklung erkannt. Dafür braucht es jedoch die Bereitschaft zur Selbstreflexion und die Bereitschaft, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. Konflikte bringen einen weiter, wenn Emotionen und Bedürfnisse Wertschätzung und Anerkennung bekommen.

Noch erwähnen möchte ich den wertschätzenden Umgang und die Feedbackkultur bei Zweisicht, was den Umgang mit Konflikten leicht und verständlich macht.

Konfliktmanagement Marienhospital Poster

Wie bist Du bei der Einführung des Konfliktmanagementsystems vorgegangen?

Während der Projektphase bei uns in der Klinik erhielt ich zusätzlich Beratung und Unterstützung durch Jürgen Briem von Zweisicht, der auf den Aufbau von innerbetrieblichen Konfliktmanagementsystemen spezialisiert ist. Mit ihm zusammen entwickelten wir ein passendes Modell für das Marienhospital.

Zur Einführung des Konfliktmanagementsystems haben wir zusammen mit der Personalabteilung Informationsveranstaltungen organisiert.

Darüber hinaus fanden Workshops für die zukünftigen Konfliktnavigatoren statt, um diese für den Umgang mit Konfliktsituationen im Klinikalltag und die Beratung von Mitarbeitenden fit zu machen.

Meine eigene Mediationsausbildung in Kombination mit der externen Unterstützung durch Jürgen Briem war eine gute Voraussetzung, in die innerbetriebliche Konfliktbearbeitung einzusteigen und bildete eine solide Basis für das Konfliktmanagement im Marienhospital.

Wie ist es nach der Ausbildung und dem Ende der Projektphase weitergegangen?

Seit 2020 bin ich als BEM-Beauftragter und Mediator im Marienhospital Stuttgart tätig und darüber hinaus Ansprechpartner und Koordinator für das Konfliktmanagementsystem. Das Konfliktmanagementsystem umfasst heute neun Konfliktklärungsstellen und 14 Konfliktnavigatoren.

Nach der Projektphase begann die Corona-Pandemie. Gerade jetzt als die Struktur stand, wollten wir nicht pausieren. In der unsicheren Situation war es so wichtig, für die Mitarbeitenden da zu sein. Das ist gelungen: Die Angebote wurden auch in dieser Zeit genutzt.

Wenn die internen Konfliktklärungsstellen nicht weiterkommen, wenden sie sich an mich. Ich unterstütze die Konfliktnavigatoren und führe bei Bedarf Mediationen durch. In den letzten vier Jahren habe ich zwischen zehn und zwanzig Mediationen pro Jahr durchgeführt.

Ich sehe meine Aufgabe auch darin, zu einer konstruktiven Konflikt-Kultur in der Klinik beizutragen, indem ich immer wieder mit „liebevoller Penetranz“ über die Angebote des Konfliktmanagements informiere, z. B. mit Plakaten, Flyern, Give-Aways, Infoständen.

Konfliktmanagement Marienhospital Flyer
Konfliktmanagement Marienhospital Flyer Innenseite

Was war bislang Dein größter Erfolg?

Für mich ist es ein großer Erfolg, wenn Mitarbeitende ihre Angst überwinden und sich vertrauensvoll ans Konfliktmanagement wenden; sie bereit sind, ihre Situation offen anzusprechen.

Ein Erfolgserlebnis aus einer meiner ersten Mediationen ist mir auch noch gut in Erinnerung geblieben: Zwei Führungskräfte hatten einen Konflikt im Umgang miteinander. Bei der Themensammlung wurde deutlich, dass der Konflikt wie eine „Mauer“ zwischen den beiden stand. Dies wurde auch bildlich so festgehalten. Beim Folgetermin haben sie die Themen weiterbearbeitet und dadurch wandelte sich die „Mauer“ zur „Brücke“. Mit diesem Bild konnten beide in der Zusammenarbeit neu beginnen.

Welche Hürden siehst Du beim Einsatz der Mediation in Deinem Arbeitsfeld?

Die Bereitschaft, die Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen, stellt oft eine große Hürde dar, in die Konfliktbearbeitung überhaupt einzusteigen. Hinzu kommt, dass der Ausgang bei einer Mediation offen ist und die Mitarbeitenden Angst vor Konsequenzen haben. Manchmal ist eine Situation so verfahren, dass in einem solchen Fall ein Einzelgespräch die einzig mögliche Maßnahme ist, um die Situation zu reflektieren.

Welchen Tipp hast Du für (frisch gebackene) Mediator*innen?

Als Mediator oder Mediatorin kommt es immer auf die Haltung an. Diese ist für mich entscheidend für eine gute Arbeit. Man benötigt dann noch ein gutes Fingerspitzengefühl, um die gelernten Tools angemessen in die Praxis einfließen zu lassen.

Hast Du ein persönliches Motto oder Lieblingszitat zum Thema Konflikt, das Dich begleitet?

Mein Lieblingsspruch ist: „Jenseits von richtig und falsch liegt ein Ort. Dort treffen wir uns.“ (Rumi)

Wir Menschen haben unterschiedliche Prägungen, Erfahrungen und Sichtweisen und wir sind emotionale Wesen mit Bedürfnissen. Wir alle möchten geliebt und akzeptiert werden, so wie wir sind.

Vielen Dank, lieber Klaus, für Deine Antworten und Einblicke in Deine Tätigkeit im Bereich des innerbetrieblichen Konfliktmanagementsystems. Wir wünschen Dir weiterhin viel Erfolg!

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