In unserer Blog-Kategorie „Methoden” stellen wir bewährte Methoden der Konfliktklärung vor. In diesem Beitrag geht es um die Moderationsmethode Dynamic Facilitation. Erfahren Sie, wie Sie damit Konflikte in Teams und großen Gruppen moderieren.
Ein Konflikt zwischen Schulleitung und Lehrerkollegium eskaliert.
An einem Gymnasium war ein Teil des Leitungsteams erst kürzlich von außen dazu gekommen, gleichzeitig mussten unangenehme Dinge entschieden werden und es wurde dabei nicht immer optimal kommuniziert. Daraus entstand eine gravierende Verstimmung zwischen Lehrerkollegium und Schulleitung. Der Versuch einer Aussprache mit Hilfe einer externen Moderation verlief unglücklich. Der Ärger aus dem Kollegium entlud sich und prasselte auf das Leitungsteam nieder. Die Situation war nicht nur nicht gelöst, sondern hatte sich noch zugespitzt.
Welche Moderationsmethoden bei schwierigen und konflikthaften Themen?
Bei vielen Moderationsmethoden bauen einzelne Schritte aufeinander auf, folgen einer linearen Struktur und bestimmten Regeln, wie der „gerechten“ Begrenzung von Redezeiten, dem Festhalten am roten Faden und dem strengen Fokus auf die Sachebene. Vielleicht haben auch Sie bereits die Erfahrung gemacht, dass diese Moderationsregeln die Gruppendynamik einschränken, nicht alle Beiträge gehört werden können oder dass bei Brainstorming und Lösungssuche ein „Rückfall“ in den Schlagabtausch erfolgt.
Wie kann man Konflikte in Teams und großen Gruppen moderieren?
Nachdem die Situation an der Schule mit Hilfe der externen Moderation nicht gelöst werden konnte, fragte sich die Schulleitung: „Wie können wir den Konflikt im Team angehen, ohne dass es zu einer weiteren Eskalation kommt?“ Durch Zufall erfuhr sie von Dynamic Facilitation und dem „Rat der Weisen” (Wisdom Council) – einer Art Großgruppenanwendung von Dynamic Facilitation.
Was versteht man unter Dynamic Facilitation und dem „Rat der Weisen“?
Dynamic Faciliation und der „Rat der Weisen” wurden in den 1980er Jahren von dem US-Amerikaner Jim Rough entwickelt. Er war damals als Personal- und Organisationsentwickler tätig und experimentierte mit Techniken, die Teams und Gruppen bei der Lösung scheinbar unlösbarer Probleme helfen konnten. Seine Methode trägt der Tatsache Rechnung, dass Menschen assoziativ denken und ermöglicht, dass sich alle Teilnehmenden zu jeder Zeit am Prozess beteiligen können.
Was ist der Unterschied zwischen Dynamic Facilitation und einer Mediation?
Mit Dynamic Facilitation kann eine Moderatorin oder ein Moderator auch allein mit größeren Gruppen dynamische Prozesse moderieren. Wie in einer Mediation werden alle Beteiligten miteinbezogen, Gefühle und Bedürfnisse in den Prozess integriert und ein Konsens angestrebt. Der größte Unterschied liegt in der Bearbeitungstiefe. Sie ist bei Dynamic Faciliation geringer als in einer Mediation. Dennoch gibt es einen transformativen Moment, der als „Durchbruch“ empfunden wird.
„Der Rat der Weisen”: Mit großen Gruppen in kürzester Zeit zu neuen Erkenntnissen
Der „Rat der Weisen” ist eine Variation von Dynamic Facilitation und kommt dann zum Einsatz, wenn die Gruppe sehr groß ist. Damit ist es möglich, in zweieinhalb bis drei Stunden zusammen zu reflektieren, wichtige Aha-Erlebnisse haben und zu neuen Erkenntnissen kommen. Der Zeitbedarf ist so gering, weil vorher in einer Kleingruppe an einem bis eineinhalb Tagen intensiv vorgearbeitet wurde. Diese Vorarbeit ist für den Reflexionsprozess in der großen Gruppe der entscheidende Katalysator.
Welche Themen eignen sich für den „Rat der Weisen”?
Der „Rat der Weisen” eignet sich besonders dafür,
- strategische Fragen mit den Mitarbeitenden zu besprechen.
- Fragen, die die Mitarbeitenden bewegen, herauszuarbeiten.
- die Kreativität der Mitarbeitenden zur Organisationsentwicklung zu nutzen.
- Konflikte und Krisen in der Organisation zu bewältigen.
Ein neuer Anlauf für die Konfliktmoderation zwischen Lehrerkollegium und Schulleitung
„Dieser Ansatz könnte doch auch für die Probleme an unserer Schule passen”, dachte sich die Schulleitung und fasste Mut für einen neuen Klärungsversuch mit dem Kollegium. Die Gruppe aus Lehrerkollegium und Schulleitung umfasste an die hundert Personen. Für den „Rat der Weisen“ wurden im ersten Schritt 12 Personen zufällig ausgewählt. Diese kleine Gruppe wurde dann an eineinhalb Tagen von einem externen Moderator mit Dynamic Faciliation begleitet und arbeitete stellvertretend für die Organisation an den Themen. Auch Mitglieder des Leitungsteams waren jedes Mal dabei. Sie wurden – bis auf die Schulleitung selbst – ebenfalls ausgelost. Die Ergebnisse aus der Kleingruppe wurden dann wieder an die gesamte Gruppe zurückgespielt.
Konfliktmoderation mit Dynamic Facilitation und dem „Rat der Weisen“
Dieser Vorgang wurde insgesamt dreimal wiederholt. Man hatte sich entschieden, drei Termine mit dem „Rat der Weisen“ mit jeweils neu ausgelosten Teilnehmern innerhalb eines halben Jahres durchzuführen, da aufgrund der großen Gruppe und der Vielzahl der Themen ein Treffen nicht ausgereicht hätte. Ein positiver Effekt ergab sich erst durch die Akkumulation der drei Veranstaltungen.
Die Stimmung im Kollegium hat sich deutlich verbessert, das Team ist zusammengewachsen.
Im Anschluss an den dritten „Rat der Weisen“ war der positive Effekt der Konfliktmoderation nicht mehr zu übersehen. Die Stimmung im Team hatte sich deutlich verbessert. Die Schulleitung war mit dem Kollegium über die Zeit und durch den intensiven und wertvollen Austausch zusammengewachsen. Die Schule hat sich inzwischen entschieden, weiterhin halbjährlich einen „Rat der Weisen“ durchzuführen, um das Kollegium auch in Zukunft stärker in die Schulentwicklung mit einzubeziehen.
Weitere Anwendungsfelder von Dynamic Faciliation: Dialogische Bürgerbeteiligungsprozesse
Dynamic Faciliation und „Der Rat der Weisen” werden seit vielen Jahren auch erfolgreich im Bereich der Bürgerbeteiligung angewendet. In Baden-Württemberg wurden dazu flächendeckend Moderator*innen in Dynamic Faciliation geschult, als es um die Einführung der dialogischer Bürgerbeteiligung ging.
Das Buch zur erfolgreichen Moderationsmethode „Dynamic Faciliation“
Mehr über die Methode „Dynamic Faciliation“ und weitere inspirierende Anwendungsbeispiele finden Sie im gleichnamigen Buch „Dynamic Facilitation. Die erfolgreiche Moderationsmethode für schwierige und verfahrene Situationen“* von Rosa Zubizarreta und herausgegeben von Dr. Matthias zur Bonsen.
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Seminare und Ausbildungen: Dynamic Facilitation und „Der Rat der Weisen” anwenden lernen.
Haben Sie jetzt Lust bekommen, die Anwendung von Dynamic Facilitation und dem „Rat der Weisen” zu lernen? An der Zweisicht.Akademie in Freiburg findet jedes Jahr eine Fortbildung mit Dr. Matthias zur Bonsen statt. Er hat die erfolgreiche Moderationsmethode bei Jim Rough in den USA gelernt und nach Deutschland gebracht. Von ihm stammt auch das Beispiel aus der Schule. Aktuelle Termine zur Fortbildung in „Dynamic Facilitation“ finden Sie in unserem Seminarkalender.
Übrigens dienen alle unsere Seminare der regelmäßigen Fortbildung zur Lizenzierung und Zertifizierung von Mediator*innen. Sie erhalten einen entsprechenden Fortbildungsnachweis.